Sunday, May 28, 2017

Artikel in der Bonner Lokalzeitung 1985


Einige Artikel über die UBF (Universität-Bibel-Freundschaft) aus dem Bonner General-Anzeiger in den 1980er Jahren:
Ein Artikel aus dem Bonner General-Anzeiger vom 28.08.1985:

Sekten nicht für jeden kenntlich

Arbeitskreis: „Worum es geht, erfährt man erst später“

„Bist du neu hier? Was studierst du denn? Hast du schon eine Wohnung gefunden?“ Auf diese Kurzform bringt der Evangelische Arbeitskreis gegen destruktive Kulte die Eingangsgespräche „missionierender“ Gruppen. Im letzten Jahr hat sich nach seinen Beobachtungen eine koreanische Gemeinschaft besonders intensiv um die Universität als „Erntefeld“ gekümmert. Sie nennt sich „UBF – University Bible Fellowship“. ... „Um was es eigentlich geht, erfährt man immer erst später“, schildern die Mitglieder des Evangelischen Arbeitskreises ihre Sekten-Erfahrungen. In ihren Einladungen zum Beispiel stelle die koreanische Gruppe sich als „Studentengemeinde“ dar mit dem Ziel der „Hochschulevangelisation“. Danach will sie den Studenten helfen, die Bibel zu studieren und nach ihrer Lehre zu leben. Sie biete dazu ein „1:1 Bibelstudium“ an, das bedeute: Ein „Missionar“ unterrichtet einen Schüler. Dass sie auf den, wie Keden vermutet, „Self-made-Missionar“ Abraham Lee hört, davon sei anfangs nicht die Rede. [Anmerkung: Alle Koreaner in UBF nennen sich „Missionare“. Abraham Lee, der Leiter von UBF Deutschland, nennt sich zusätzlich „Pastor“.] Für bedenklich hält die Evangelische Jugend [ein Zusammenschluss von Jugendverbänden der Evangelischen Kirchen] die koreanische Gruppe, weil sie nach Erfahrungen einiger Studenten zwischenmenschliche Verbindungen nur zum Zwecke der Mission nutze. „Wer sein Interesse am Bibelstudium verliert, wird schnell fallengelassen.“ Hinter der Mission müsse Familie, Studium und Freundeskreis zurückstehen. Das von der Gruppe geforderte Engagement führe zum Bruch früherer Kontakte. ...


Ein Artikel aus dem Bonner General-Anzeiger vom 16.12.1986:

Information über Studenten-Sekten

Verlust seelischer Autonomie

Die beiden studentischen Sekten-Organisationen University Bible Fellowship (UBF) und eine Untergruppe der Mun-Sekte [auch als „Moon-Sekte“ oder „Vereinigungskirche“ bekannt, beide aus Korea] werben derzeit verstärkt an der Bonner Universität, in den Mensen und Wohnheimen. Sie versprechen, die Tendenz der Isolation und Vereinsamung bei den Studenten zu durchbrechen und bieten die Überwindung der Probleme mit der Einbindung in die Gemeinschaft an. Der Arbeitskreis gegen destruktive Kulte in Bonn veranstaltet in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Studentengemeinde, der Katholischen Hochschulgemeinde, der Studentenmission und dem AStA-Sozialreferat am heutigen Dienstag um 20 Uhr im Hörsaal 8 der Universität einen Informationsabend zu diesem Thema. Denn nach Kenntnis des Arbeitskreises bedeutet der Eintritt in die Gruppen den Verlust der seelischen Selbstbestimmung und psychischen Abhängigkeit. Vielfach gehe mit dem Sekten-Eintritt auch der Abbruch des Studiums einher. [Anmerkung eines ehemaligen UBF-Mitglieds: Da die Gruppe versucht, an der Universität zu missionieren, ist dies allerdings nicht in ihrem Interesse. Mitglieder können jedoch unter extremen Druck kommen, ihre „Verpflichtungen“ in UBF, die dort immer Vorrang haben, mit ihrem Studium zeitlich zu vereinbaren, und unter ständigen Schuldgefühlen leiden, einen der beiden Bereiche zu vernachlässigen. Diese Schuldgefühle führen oft in seelische Krisen und werden von den Leitern ausgenutzt, um die Mitglieder in ihrem Sinne zu manipulieren.]


Ein Artikel aus dem Bonner General-Anzeiger vom 18.12.1986:

Verlust der psychischen und seelischen Selbstbestimmung droht
bei den neugeworbenen Mitgliedern von Jugendsekten

Über Jugendsekten und deren Auswirkungen auf die Psyche und das Sozialverhalten der Jugendlichen informierte der Arbeitskreis gegen destruktive Kulte der Evangelischen Kirche Bonn in der Universität. Gerade in Bonn seien die Studenten-Vereinigungen der Moon-Sekte und die „University Bible Fellowship“ besonders aktiv. Allen Sekten sei gemein, so Joachim Keden, Beauftragter für Sekten und Weltanschauungsfragen der Evangelischen Kirche im Rheinland, dass die Mitglieder nach und nach ihre psychische und seelische Selbstbestimmung verlören. Nach Jahren des sehr massiven Werbens und harter Methoden in der „Umdrehung“ der Mitglieder würden die Sekten heute mehr auf die „weiche Tour“ an ihre künftigen „Missionare“ herangehen: An der Universität, berichtete ein Betroffener, fänden die Werber ihre Ansprechpartner besonders leicht, weil die Vereinsamung und Isolation bei den Studenten heute besonders hoch sei. ...


Ein Artikel aus dem Bonner General-Anzeiger vom 12.03.1987:

Jugendtrends geben Sekten Chancen

Experte für Kulte informierte Bezirksschulpflegschaft

Sehnsucht nach Geborgenheit, nach Zuwendung, nach Glaubensgesprächen, Gebetsleben und lebendigem Glauben – darin sieht Pfarrer Joachim Keden, der Experte in Sekten- und Weltanschauungsfragen der Evangelischen Rheinischen Landeskirche, den Hintergrund, wenn junge Leute sich im Sektendschungel verirren. Auf Einladung der Bonner Bezirksschulpflegschaft gab er gestern im Haus der Evangelischen Kirche Einblicke in die Verhaltensweisen Jugendlicher, die allzu leicht von Sekten ausgenutzt würden. In der „Jugendszene“ beobachtet Keden einige hervorstechende Trends. In einem Gespräch mit dem General-Anzeiger fasste er zusammen: „Jugendliche suchen kleine, überschaubare Gruppen, in die sie sich zurückziehen können, in denen sie sich nicht vor Auseinandersetzung fürchten müssen, sondern vor der Realität entfliehen können.“ Kleine „sektiererische pseudo-christliche Gruppen“ wie „University Bible Fellowship“, die sich an ältere Schüler im Umkreis der Universität wende, oder das Alois-Grass-Missionswerk, das von der Burg Steineck aus auf Bonn wirke, antworten aus seiner Sicht auf die Suche der jungen Leute. Ein weiterer Trend: „Man sucht starke Leiterpersönlichkeiten.“ ... Eltern, Lehrern und Pfarrern empfahl Keden, sich über alle diese Richtungen und Trends, denen manche jungen Leute unwissentlich ausgeliefert sind, eingehend zu informieren, sie nicht einfach abzutun, sondern sich mit ihnen auseinanderzusetzen.


Ein weiterer ausführlicher Artikel aus dem Bonner General-Anzeiger,
der wahrscheinlich ebenfalls noch aus den 1980er Jahren stammt:

Oft beginnt es mit einer Einladung zum Tee

University Bible Fellowship umwirbt besonders Studenten in Krisensituationen – Studentenwerk warnt

Vereinsamte, unsichere Erstsemester, von Prüfungsängsten geplagte Examenskandidaten, Studierende in schwierigen Lebenssituationen: Sie scheinen besonders empfänglich für das Anliegen der University Bible Fellowship (UBF) zu sein. Besonders vor den Mensen und Cafeterien der Universität und dem Juridicum [einem Gebäude der Universität Bonn] versuchen die Mitglieder der UBF – eine Organisation „in der Grauzone zwischen Sekte und Kirche“ –, „Schafe“ zu gewinnen.
Die Definition der Gruppierung stammt von Pfarrer Joachim Keden, Beauftragter für Sekten und Weltanschauungsfragen der Evangelischen Kirche im Rheinland. Sie wirbt in jüngster Zeit wieder verstärkt an der Hochschule. „Junge Menschen in Krisensituationen oder mit depressiver Neigung sind vor allem gefährdet“, warnt Keden vor der „zwielichtigen Mission“ der UBF, die nach eigener Aussage die Hochschulevangelisation als Ziel verfolgt.
Den Leuten werde Geborgenheit, Verständnis, Herzlichkeit und Sicherheit versprochen, aber in Wirklichkeit versuche die UBF, ihre Mitglieder in eine extrem fundamentalistisch-christliche Richtung zu lenken und sie einer rigiden Moral zu unterwerfen, so Keden. Sie werte die Menschen, die nicht dazugehören, ab. Die bisherige Lebensführung der Mitglieder sehe sie als schuldbeladen an. „Es werden eine Pseudo-Sicherheit, ein Pseudo-Leben und eine Pseudo-Persönlichkeit durch den übermächtigen Gruppenzwang und die immer stärkere Abwendung von Familie, Freunden und ursprünglichen Zielen aufgebaut“, sagen Studenten, die für kurze Zeit aus Neugier bei UBF waren.
Was der Sektenbeauftragte als „Gefahr für die Entwicklung der Psyche und die Persönlichkeit“ sieht, hat eine Bonner Studentin bei einem befreundeten Kommilitonen beobachtet. Seit er die Veranstaltungen von UBF besuche, habe er den Kontakt zu seinen Freunden und seinen Eltern immer weiter eingeschränkt. „Ständig versuchte er, mich zu missionieren. Was mich sehr erschreckt war, dass er sich so völlig verändert hat“, erzählt die junge Frau. Allein schaffe sie es aber nicht, den Freund aus der Gruppe herauszuholen.
Von Abkapselung und verändertem Wesen berichten zahlreiche Ehemalige und ihre Angehörigen. „Du musst wie ein stummes Schaf sein und blind folgen“, beschreibt ein früheres Mitglied die Atmosphäre und Arbeitsweise der UBF. Bonner Studierende bestätigen dies: „Beim Bibelstudium kamen wir uns vor wie im Kindergarten.“ Die Auslegung der ausgewählten Bibelstellen wurde vorgegeben. Diskussion oder Kritik wurde nicht zugelassen: „Es gab eine feste Sprachregelung, alles wirkte wie automatisch und sehr steif.“ Jegliche Aussage zu den biblischen Texten sei vorgegeben, schriftlich fixiert, nichts werde dem Zufall überlassen, haben die Studenten festgestellt. „Die picken sich einzelne Sachen aus der Bibel heraus, ohne den Zusammenhang zu sehen.“
Joachim Keden spricht von einem „vereinfachten radikalen Biblizismus“, der die Texte der Bibel in einem „blinden Automatismus“ in die heutige Zeit überträgt. Die UBF-Anhänger gingen davon aus, dass jedes Wort der Bibel von Gott in die Feder der Menschen gegeben sei, und dadurch eine zeit- und situationsunabhängige absolute Autorität erhielte. [Anmerkung eines ehemaligen Mitglieds: Dies muss etwas relativiert werden. In UBF wird eigentlich den Leitern absolute Autorität eingeräumt, und die Bibel spielt nur eine untergeordnete Rolle. Auch Christen, die ein engeres Verständnis von der göttlichen Inspiration der Bibel haben, würden mit den Lehren und vor allem den Praktiken von UBF nicht übereinstimmen, da sie sich nicht mit der Bibel rechtfertigen lassen, unabhängig davon, ob und wie weit man sie als Gottes Wort ansieht oder nicht.]
Was mit einer scheinbar zwanglosen Einladung zur Tasse Tee, zum Bibelstudium oder zum Gottesdienst im Flachbau an der Meckenheimer Allee [dem UBF-Zentrum in Bonn] beginnt, führt oft zum sogenannten „1:1 Bibelstudium“ [auch „Zweierbibelstudium“ genannt]. Der Neugeworbene wird zum „Schaf“, das von einem „Hirten“ sehr intensiv nach starren Schemata in einzelnen Textstellen der Schrift unterwiesen wird. Der „Hirte“ erhalte durch dieses „Shepherding“ die Stellung eines persönlichen Führers, der die einzig wahre Gotteserkenntnis vermittle, erklärt Keden.
Ein weiteres Merkmal sind die „Sogams“[auch „Stellungnahmen“ genannt]. In dieser Art persönlicher Bußpredigt müssen die „Schafe“ beispielsweise in Gottesdiensten [oder in wöchentlichen „Stellungnahme-Vortragstunden“ oder vor ihrem „Hirten“]Schuldbekenntnisse  ablegen [zum Beispiel, das Bekenntnis, zu wenig missioniert zu haben]. Diese entstünden oft unter starkem psychischen Druck, weiß Keden aus seiner langjährigen Beschäftigung mit der UBF. Darüber hinaus berge das Shepherding mit Sogamschreiben die große Gefahr des Abhängigwerdens vom persönlichen „Hirten“.
Das zunehmende Werben der UBF bekamen die Bewohner Bonner Studentenheime vor einiger Zeit zu spüren. Dort versuchten Werber unnachgiebig mit den Studierenden ins Gespräch zu kommen, wobei sie sich im Einzelfall nicht scheuten, den Fuß in die Tür zu setzen. Als Antwort erteilte das Studentenwerk Bonn einem UBF-Mitglied Hausverbot. Darüber hinaus informierte es und warnte mit Aushängen vor der Gruppe.
Die UBF hat ihre Wurzeln in Südkorea und wird stark von Koreanern geprägt. Sie arbeitet weltweit, ihr Zentrum befindet sich in Chicago, die europäische Zentrale ist in Köln. In Deutschland gibt es schätzungsweise zehn Zentren. Weitere Informationen gibt der Bonner Arbeitskreis „Sekten, Okkultismus, New Age“ im Evangelischen Jugendbüro, Adenauerallee 37, Tel. 26798-56/54. Der Arbeitskreis trifft sich montags von 18 bis 21 Uhr. Auch die Evangelische Landeskirche kann weiterhelfen: Volksmissionarisches Amt, Düsseldorf, Tel. 0211/3610-246.

(mit freundlicher Genehmigung des Bonner General-Anzeigers)

No comments:

Post a Comment